Kommunale Parkerleichterungen für Menschen mit Behinderung

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Die FDP-Fraktion im Gemeinderat stellt folgenden Antrag:


Die Stadt Sindelfingen schafft kommunale Sonderparkausweise und
Parkerleichterungen für schwerbehinderte Menschen, die (noch) keinen
Rechtsanspruch auf einen blauen oder orangefarbenen Sonderparkausweis haben.

Die Verwaltung wird beauftragt, zeitnah einen entsprechenden Vorschlag für die
Ausgestaltung der Parkerleichterung auszuarbeiten und dem Gemeinderat zur
Beschlussfassung vorzulegen.


Begründung:


Es ist uns ein wichtiges Anliegen, den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt
soziale Teilhabe und eigenständige Mobilität in allen Lebenslagen zu ermöglichen.
Dies gilt insbesondere für schwerbehinderte Mitmenschen, die in erheblicher Weise
auf barrierefreie Erreichbarkeit von Zielen des täglichen Lebens (Geschäfte,
öffentliche Einrichtungen) und kurze Wege zu diesen angewiesen sind. Der
automobile Individualverkehr spielt für diese Personengruppe eine erhebliche Rolle,
da eine Nutzung des ÖPNV mit erheblichen Mobilitätseinschränkungen keine
probate Alternative darstellt.


Gegenwärtig haben nur schwerbehinderte Menschen, die einer der in VwV-StVO zu
§ 46 aufgelisteten Personengruppen angehören, einen Anspruch auf Erteilung einer
Parkerleichterung in Form eines orangefarbenen oder blauen Sonderparkausweises
durch die zuständige Straßenverkehrsbehörde. Dies bedeutet, dass beispielsweise
viele Personen mit einer Schwerbehinderung „Merkzeichen G“, die teils ebenfalls
erhebliche Mobilitätseinschränkungen und hohe Grade der Behinderung aufweisen,
nicht anspruchsberechtigt sind. Diesen Personen ist es folglich kaum oder nur unter
großen Kraftanstrengungen möglich, Ziele ihres täglichen Lebens in Sindelfingen aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe zu erreichen.
Einige Gemeinden im Land haben aufgrund der unbefriedigenden und lückenhaften
Anspruchsberechtigungsvoraussetzungen für die Erteilung eines blauen oder
orangefarbenen Sonderparkausweises bereits zusätzliche, kommunale
Parkerleichterungen geschaffen. Beispiele hierfür sind der Stellungnahme des
baden-württembergischen Verkehrsministeriums auf eine Anfrage der FDP/DVP-
Fraktion im Landtag vom 07.12.2020, Landtagsdrucksache 16/9471, zu entnehmen:

„In Radolfzell wurde im Jahr 2009 eine kommunale Parkerleichterung für
schwerbehinderte Menschen für den Geltungsbereich der Großen Kreisstadt
Radolfzell eingeführt. Die kommunale Parkerleichterung setzt als
Zugangsvoraussetzung lediglich das Merkzeichen G im Schwerbehindertenausweis
und die Bürgereigenschaft der Stadt Radolfzell voraus. Die kommunale
Parkerleichterung erlaubt es, bewirtschaftete Parkstände und Parkplätze ohne
Entrichtung einer Parkgebühr für maximal 24 Stunden am Stück zu nutzen. Die Stadt
Radolfzell verzichtet hin- sichtlich dieser Parkerleichterung somit zugunsten der
Schwerbehinderten auf die Parkgebühren nach der Parkgebührensatzung.

Von der Stadt Achern werden Parkausweise, die auf das Stadtgebiet beschränkt
sind, ausgegeben. Ausgestellt werden die Ausweise an Personen, die durch das
Anspruchsraster fallen und einen GdB von 70 Prozent nachweisen oder eine
Gehbehinderung in anderer Weise glaubhaft darlegen können.

In Waldshut-Tiengen dürfen Inhaber/-innen von Schwerbehindertenausweisen mit
dem Merkzeichen „G“ im Stadtgebiet im Bereich von Parkscheinautomaten und im
eingeschränkten Haltverbot eine Stunde unentgeltlich parken.

In Schwetzingen besteht die Möglichkeit für Schwerbehinderte, die noch nicht die
Voraussetzungen für die Erteilung eines blauen oder orangefarbenen Sonderpark-
ausweises erfüllen, eine kostenlose Ausnahmegenehmigung zu erhalten. Damit kann
an Stellen, die durch VZ 314 StVO oder VZ 315 StVO gekennzeichnet sind und für
die durch Zusatzschild eine Begrenzung der Parkzeit angeordnet ist, über die
zulässige Zeit hinaus geparkt werden bzw. an Parkscheinautomaten ohne Ent-
richtung der Gebühr geparkt werden.

Die Städte Weinheim und Bruchsal melden, dass ggf. zeitlich befristete
Sonderparkberechtigungen für Personen gewährt werden, bei denen das Verfahren
zur Anerkennung der Behinderung noch nicht abgeschlossen ist und bei denen nach
Einschätzung der Straßenverkehrsbehörde die Voraussetzungen vorliegen könnten.“

Die entsprechenden Parkerleichterungen für Personengruppen, die nicht nach VwV-
StVO zu § 46 anspruchsberechtigt sind, können Inspiration und Beispiel für ein
entsprechendes, kommunales Parkerleichterungsangebot der Stadt Sindelfingen
liefern.


gez.

Knapp, Reinhardt, Dr. Beyer, Dr. Baisch, FDP-Fraktion