Sehr geehrter Herr Reinhardt,

die von Ihnen an die Verwaltung gerichteten Fragen habe wir wie folgt beantwortet:

1. Gibt es in Sindelfingen derzeit Gewässer, die als Badegewässer / Badestellen (öffentlich) zugänglich sind? Wenn ja, welche?

Die Stadt hält mit den vorhandenen öffentlichen Badeeinrichtungen ein reichhaltiges, sicheres und kostengünstiges (insbesondere für Kinder, Familien und Inhaber städtischer Berechtigungskarten) Badeangebot bereit. Von der Verwaltung wird deshalb nicht die Notwendigkeit gesehen, weitere zusätzliche Bademöglichkeiten an den öffentlichen Gewässern zu schaffen.

In diesem Zusammenhang ist auf die Verkehrssicherungspflicht der Stadt (Richtlinie 94.12: Verkehrssicherungs- und Aufsichtspflicht in öffentlichen Naturbädern während des Badebetriebes und die Richtlinie 94.13: Verkehrssicherungspflicht an Badestellen an Gewässern) bis hin zur Notwendigkeit einer Aufsichtsperson hinzuweisen. Dieses nicht zu unterschätzende Problem hat viele Kommunen in den letzten Jahren dazu veranlasst, Badeseen und dgl. zu schließen bzw. ein Schwimmverbot auszusprechen. Nach Rechtsprechung des BGH ist eine Aufsicht jedenfalls dann zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht notwendig, wenn ein bädertypischer Ausbau vorliegt. Dazu kann u.U. bereits ein Steg genügen, erst recht vorhandene Rutschen, Umkleidekabinen oder Zugangsbeschränkungen. Welche Aufsichtspflichten konkret bestehen, lässt sich nur durch Betrachtung des jeweiligen Einzelfalles bestimmen.

2. Gibt es in Sindelfingen Gewässer, die zwar derzeit nicht als Badegewässer / Badestellen (öffentlich) zugänglich sind, aber theoretisch die Anforderungen hinsichtlich Wasserqualität o.ä. erfüllen, um als solche zugelassen zu werden (z.B. Teile des ehemaligen Naturfreibads Klostersee, des Goldbachsees oder des Langen Sees am Flugfeld, sofern auf Sindelfinger Gemarkung))? Wenn ja, welche?

In den Gewässern wurden bislang keine Messungen entsprechend der Badegewässerrichtlinie durchgeführt. Aussagen bezügl. der Einhaltung der an Badegewässer gestellten Anforderungen (Badegewässerrichtlinie/Badegewässerverordnung) können deshalb nicht getroffen werden.

3. Welche baulichen und gewässertechnischen Ertüchtigungsmaßnahmen müssten durchgeführt werden, um betreffende Gewässer vollends „badegewässertauglich“ zu machen? Wäre dies nach Einschätzung der Verwaltung wirtschaftlich vertretbar?

Die Wasserqualität muss der Badegewässerrichtlinie/Badegewässerverordnung entsprechen. Es ist zu bezweifeln, dass im innerstädtischen Raum mit den verschiedenen Einleitungen aus versiegelten Flächen (Straßen/Wegen) und den Regenüberlaufbecken die Parameter der Badegewässerrichtlinie eingehalten werden können. Dem Tiefbauamt sind bislang keine technischen Maßnahmen für eine eventuelle Hygienisierung der verschiedenen Einleitungen, insbesondere aus den Regenüberlaufbecken bekannt.

Generell ist jedoch festzuhalten, dass technische Anlagen einen hohen finanziellen Aufwand (baulich, in der Unterhaltung und im Betrieb) nach sich ziehen würden. Ebenso führen ggf. die erforderlichen Maßnahmen zur Erfüllung der Verkehrssicherungs- und Aufsichtspflicht sowie ein erhöhter Reinigungsaufwand/Müllbeseitigung im Bereich einer Badestelle zu einer zusätzlichen finanziellen Belastung.  

4. Gibt es sonstige Erwägungen, die nach Einschätzung der Verwaltung gegen die Ausweisung eines Badegewässers sprechen, sofern dafür grundsätzlich geeignete öffentliche Gewässer in Sindelfingen vorliegen (bspw. Konflikt mit Angelvereinen etc.)?

Neben den bereits im Pkt.1 genannten Aspekten zur Verkehrssicherungspflicht der Stadt sind darüberhinaus die grundsätzlichen Belange des Naturschutzes und der Nutzung als Angelgewässer zu beachten.

Öffentliche Gewässer stellen einen wichtigen Lebensraum für Flora und Fauna dar und sind ein zentrales Element im Naturschutz. Eine Nutzung als Badegewässer ist mit diesen Funktionen nur schwer in Einklang zu bringen. Daneben sind der Klostersee und der Eisweiher/Schlanderersee (Goldbachsee) schon seit Jahrzehnten, aktuell bis 31.12.2032 an den Angelsportverein Sindelfingen verpachtet. Eine gleichzeitige Nutzung als Badegewässer würde ein enormes Konfliktpotential bergen.

Beim Langen See im Flugfeld handelt es sich ausdrücklich um eine abwassertechnische Anlage zur Regenwasserbewirtschaftung, welche sämtliches Regenwasser von Straßen und Dächern des Flugfeldes sammelt und über vorgeschaltete natürliche Reinigungsanlagen wie dem Schilfgürtel wieder dem natürlichen Wasserkreislauf zuführt. Daher ist jegliche Nutzung außerhalb der Funktion als abwassertechnische Einrichtung genehmigungsrechtlich ausgeschlossen. Stadtplanerisch stellt der See neben der Aufenthaltsqualität auch eine naturschutzrechtliche Anlage dar, die versiegelte Flächen auf dem Flugfeld ausgleicht. Die Schilffelder am Rand des Seeufers dienen als Lebensraum und Rückzugsmöglichkeit für verschiedene Tierarten. Bislang wurden keine Ausnahmegenehmigung für die Nutzung des Langen Sees, wie z.B. für Triathlonveranstaltungen erteilt. Die derzeitigen Events erfolgen ohne Nutzung des Gewässers. Die Schwimmwettbewerbe zur Triathlonveranstaltung in Sindelfingen finden im Freibad statt.

5. Wurde der Verwaltung gegenüber in den vergangenen Jahren Bedarf aus Bürgerschaft, Vereinswesen und Wirtschaft (bspw. Gastronomie) nach einem Badegewässer in Sindelfingen artikuliert?

Es sind bislang keine Anfragen aus der Bürgerschaft bei der Verwaltung eingegangen.